Mit anderen vergleichen – Fluch oder Segen?

Du tust es, ich tue es. Vor allem in den letzten Tagen, obwohl ich mir so sehr vorgenommen habe, es nicht mehr zu tun: mich mit anderen vergleichen. 

Ob bewusst oder unbewusst – wir schauen auf andere, nehmen wahr, was sie tun, was sie haben, wie sie leben. In gewisser Weise ist das sogar ein natürlicher Instinkt. Schon in der Tierwelt wird verglichen: Wer ist der Stärkere, Schnellere, Attraktivere? 

Ist das mit anderen Vergleichen gut oder schlecht, ein natürlicher Trieb, Fluch oder Segen? Wann kann es uns voranbringen – und wann lähmt es uns? 

Gefühlt seit meiner Kindheit vergleiche ich mich mit anderen und es hat mich nicht wirklich glücklich gemacht – im Gegenteil.

Ich habe ständig hart an mir gezweifelt (und tue es bis heute.) Ein Grund, warum ich mich immer und immer wieder mit dem Thema konfrontiert sehe. Ein Grund, Gedanken dazu fließen zu lassen, Erkenntnisse zu teilen – innerlich aufzuräumen –  und damit ganz nebenbei, Sichtweisen mit dir zu teilen. Vielleicht denken und fühlen wir dasselbe, oder ganz anders. Teilen Erfahrungen, Kränkungen, Zweifel – und ja, auch Zuversicht und den Wunsch, zu wachsen und zu werden, wer wir sind. Unperfekt perfekt.

Sich mit anderen zu vergleichen ist nicht per se schlecht. Im Gegenteil: Es kann motivieren, uns zeigen, was möglich ist, oder uns auf neue Ideen bringen. Wenn ich sehe, dass jemand einen mutigen Schritt geht, den ich mir vielleicht noch nicht zutraue, kann das ein Anstoß für mich sein.Ein Lockruf aus der Komfortzone und ein Symbol dafür, dass Dinge möglich sind.

Doch was, wenn der Vergleich zum Druck wird? Wenn er nicht inspiriert, sondern entmutigt? 

Das Gesehene scheint unerreichbar. Ein heftiger Stoß in ein Erdloch aus Mangel, Scham, Zweifel und Verurteilung.

Ich habe mich zum Beispiel oft mit Menschen verglichen, die beruflich scheinbar „durchgestartet“ sind. Unternehmerinnen, die ihr eigenes Business rocken, sich eine riesige Community aufgebaut haben, entspannt durch die Welt reisen – und dabei ausstrahlen, dass sie alles im Griff haben.

Oder mit meiner Schwester, die zwei Jahre jünger ist, auf dem Papier aber einen durchaus geradlinigen akademischen Mega-Flow vorzeigen kann. 

Wow! Dinge, die ich auch will! Denn dann bin ich gut genug. Dann hab ich es geschafft.

Eine mega Mindfuck!

Mit jedem Moment mehr lehne ich mich selbst und mein Leben ein Stück mehr ab.

Erkennst du dich wieder? 

Lass uns ehrlich sein: hast du dir bis jetzt Gedanken darüber gemacht, ob das, was du beim anderen siehst

  • überhaupt wirklich zu dir und deinem Lebensweg passt,
  • deinem authentischen Sein – deiner Selbstverwirklichung – nahe kommt oder ob
  • deine Ausgangssituation das überhaupt zulässt?

Persönliches Beispiel: Ich hatte noch nie ein prall gefülltes Konto und konnte es mir bislang nicht leisten,mich finanziell treiben zu lassen, sicher zu fühlen oder in größere Dinge zu investieren. Schließlich brauche ich auch etwas zum Essen und zum Wohnen. Der Markt ist voller Angebote – seien es Abspeckprogramme, Business-Kurse, Memberships oder Communities, die dich deiner Selbstverwirklichung nahe bringen oder ständig neue Kurse, um den heißestens Sch*** zu lernen.

Solche Hilfsmittel sind ganz sicher wertvoll und hilfreich – aber eben nicht für jeden erschwinglich.

Dies ist nur ein Beispiel, das auf eine kleine Gruppe von Menschen stößt – das weiß ich.

Ich möchte damit nur den Aspekt der Ausgangssituation verdeutlichen – ein persönlicher Standpunkt, den wir beim mit anderen vergleichen niemals vergessen dürfen. 

Mein (oder der) erste Schritt aus der Misere: Der realistische Blick zurück auf DICH und DEIN Leben.

Obwohl das mit anderen vergleichen nun offensichtlich nicht ganz so zuckersüß ist, muss doch auch etwas Gutes daran sein. Ein differenzierter Blick auf beide Seiten der Medaille:

Wann steht uns der Vergleich mit anderen im Weg und wann oder wie können wir ihn für uns nutzen?

Das Problem ist nicht der Vergleich an sich, sondern wie wir ihn nutzen.

Ein ungesunder Vergleich entsteht, wenn:

  1. Wir die eigene Realität ausblenden.
    Wir vergleichen uns mit jemandem, der ganz andere Startbedingungen hatte – und machen uns klein, weil wir noch nicht da sind, wo er oder sie ist.
  2. Wir in die „Warum kann ich das nicht auch?!“-Falle tappen.
    Statt uns inspirieren zu lassen, fühlen wir uns minderwertig und nicht genug.
  3. Wir uns selbst nicht anerkennen.
    Wir übersehen, wie weit wir schon gekommen sind, weil wir nur auf das schauen, was „noch fehlt“.
  4. Der Vergleich uns ausbremst.
    Wir verlieren die Lust, überhaupt loszugehen, weil die Distanz zu unserem Wunschziel riesig wirkt.

Vergleiche können uns antreiben oder bremsen. Sie können uns motivieren oder frustrieren. Der Unterschied liegt darin, ob wir sie realistisch betrachten – oder ob wir uns selbst damit in ein emotionales Hamsterrad schicken.

Ich sage nicht, dass du dich nie wieder mit anderen vergleichen sollst – das wäre utopisch (für mich zumindest).

Aber es gibt Wege, den Vergleich für dich zu nutzen, ohne dich selbst abzuwerten. 

Anstatt dich nur darauf zu fokussieren, was bei anderen „besser“ aussieht, frag dich:

  • Wo stehe ich gerade – und warum?
  • Welche Schritte habe ich bereits gemacht, die mich weitergebracht haben?
  • Was ist für mich realistisch – und was vielleicht gerade (noch) nicht?

Jeder startet woanders und hat einen eigenen Lebensweg. Das ist gut, denn so entsteht Vielfalt. Oder willst du ernsthaft eine Kopie werden? Ich glaube nicht, denn der große, stille oder laute Wunsch der Selbstverwirklichung steckt in jedem. 

Es ist ein Unterschied, ob du denkst:
„Ich werde das nie schaffen, weil ich noch nicht so weit bin.“
oder
„Ich finde es inspirierend, wie sie/er das geschafft hat – was kann ich daraus für mich mitnehmen?“

Du schaust vielleicht auf Menschen, die schon „weiter“ sind – aber wann hast du das letzte Mal auf dein eigenes Wachstum geschaut? Wo warst du vor einem Jahr? Vor fünf Jahren?

Mach dir bewusst, dass du nicht auf der Stelle trittst. Du wächst. Ständig.

Egal, wie klein dir deine Fortschritte vorkommen – sie zählen. Immer.

Manchmal hilft es, sich bewusst zu machen:

  • Was habe ich in den letzten Monaten geschafft, was mir vorher schwergefallen wäre?
  • Wo habe ich Mut bewiesen?
  • Was ist eine Sache, auf die ich stolz bin?

Und wenn dir das schwerfällt: Stell dir vor, du würdest eine gute Freundin beobachten, die genau das erreicht hat. Du würdest sie feiern, oder? Warum also nicht dich selbst?

Vergleiche sind ein Teil unseres Lebens – aber es liegt an uns, wie wir damit umgehen. Wir können uns daran messen, wo wir „noch nicht“ sind – oder wir können sie als Impuls nutzen, um zu wachsen.

Ich bin selbst nicht frei davon. Ich vergleiche mich andauernd. Der Fortschritt: Heute merke ich es schneller. Ich hinterfrage es. Ich erkenne, wann es mich antreibt und wann es mich ausbremst.

Wenn du das Gefühl hast, dich ständig mit anderen zu vergleichen und dabei den Blick für dich selbst verlierst – ich kenne das. Und ich weiß, wie hart das sein kann.

Schreib mir gerne, wenn du deine Gedanken dazu teilen möchtest.